*English version see below*
Der Redaktionsschluss für die nächste Feministische Geo‐RundMail Nr. 73 (September 2017) ist der 20.08.2017. Die nächste Ausgabe beschäftigt sich mit dem Schwerpunktthema „Migration“.
Weltweit sind heute mehr Leute transnational unterwegs als in den letzten Jahrzehnten. Einige suchen neue Wege und die Gelegenheit für ein besseres Leben für sich und ihre Familie. Einige sind zur Migration gezwungen wegen Krieg, Konflikten oder anderen Gründen. Diese Gründe, die fast immer irgendwo auf der Welt gegeben sind, bedeuten aber auch: Migration ist kein neues Thema, sondern eine gesellschaftliche Normalität. Gender ist dabei ein zentrales Thema – in Bezug auf alle Formen, Gründe und Auswirkungen der Migration. Gender beeinflusst die Gründe für die Migration, wer auswandert und wer bleibt, die sozialen Netzwerke die Migrant*innen benutzen um auszuwandern, Integrationserfahrungen und Arbeitsmöglichkeiten im Einwanderungsland und die Beziehungen mit dem Herkunftsland. Das heißt: Geschlecht gestaltet jede Ebene von Migrationserfahrungen und ihre Machtdynamiken.
Eine lange Zeit wurden genderspezifische Aspekte von Migration allerdings wenig beachtet. Eine androzentristische Perspektive war (und ist bisweilen noch immer) vorherrschend. Wenn Frauen in den Blick kommen, dann gelten sie zumeist als Anhang wandernder Ehemänner für den Familiennachzug im Einwanderungsland (Pedraza 1991, 306). Unter dem Stichwort „Frauenhandel“ wurden und werden allerdings auch spezifische Frauenmigrationen wahrgenommen (Westphal 2004). Mit der Globalisierung und dem digitalen Kapitalismus sind aber auch neue Formen und Motive der Migration aufgetreten (Lutz 2010: 574). Frauen, überhaupt die unterschiedlichsten Geschlechter haben einen großen Anteil am Verlauf und Formen internationaler Migration; sie nehmen an internationalen Migrationsbewegungen teil, um eine neue Zukunft in anderen Ländern zu suchen. In Bezug auf Frauen wird dies „feminization of migration“ genannt. Allerdings sind Migrantinnen oft nur im Rahmen des Bedarfs nach weiblichen Arbeitskräften für bestimmte Tätigkeiten erwünscht. Auf dem Arbeitsmarkt gelten sie nicht als Konkurrenz, denn meist decken sie den Bedarf an flexibel einsetzbaren und gering bezahlten Arbeitskräften (als Reinigungskräfte, Alten- und Pflegehelferinnen, Babysitter, Kinderfrauen etc.) (Westpahl 2004). Die Zunahme an Bedarf nach diesen Tätigkeiten hat eine neue Migrationswelle ausgelöst und damit neue intersektionale Macht- und Geschlechtsbeziehungen über Reproduktions- und Care Arbeit gebildet. Der intersektionale Aspekt betont, dass Migrant*innen der Mehrfachunterdrückung z.B. als Frau, Arbeiterin und Ausländerin entgegentreten. Migrationen weisen somit selbst ein Gendering auf (Aufhauser 2000). Migration stellt also neue Machtbeziehungen her, die von Genderrollen, Identitäten, Familiendynamiken, Netzwerken, Diskriminierungsebenen und alltäglichen Erfahrungen beeinflusst sind. Migration kann dabei aber beides sein: Empowerment und Emanzipationsverluste für Migrant*innen.
Momentan wird viel über spezifische Migrationsbewegungen gesprochen: Wir sprechen über Flucht. Wir sprechen über ‚brain drain‘. Wir sprechen über temporäre, nachfrageorientierte und unabhängige Arbeitsmigration. Wir sprechen über Bewegungen innerhalb der Europäischen Union. Wir sprechen über Menschenhandel. Wir sprechen über undokumentierte Migrant*innen. Wir sprechen über globale Wanderung aus dem sogenannten globalen Süden in den globalen Norden. Entweder formell oder informell, entweder legal oder illegal. Migration ist eine Normalität in unserer Zeit. Sie erzeugt gerade deswegen neue Fragen, neue Handlungsmöglichkeiten und neue Bedürfnisse im Hinblick auf ihre geschlechtsspezifischen Aspekte.
Wir wünschen uns für diese Ausgabe Kurzbeiträge, Einwürfe, Kommentare und Essays, die folgende Themen betreffen, aber auch darüber hinaus gehen können:
- Feminismus und Migration
- Gender und Mobilität
- Gender und Migration
- Reproduktion / Care Arbeit
- Identität in der Diaspora
- Asyl und Flucht
- Geschlechtsspezifische Gesellschaft in Diaspora
- Ökonomische Ergebnisse und Arbeitsmarktzugang für Migrantin*innen
- Migrantin*innen und Zugehörigkeit
- Migrantin*innen und Bürgerschaft
- Queere Migration und Mobilität
- Queere Räume und Identität in der Diaspora
- Zwangsmigration
- Migrantische Organisationen
- Menschenhandel
- Diskriminierung und Xenophobie
- Migration and Ungleichheiten
- Migrationspolitik und rechtliche Rahmenbedingungen
Wir freuen uns über jeden Beitrag (z. B. Kurzbeitrag, Essay, Review, Kommentar, (Kurz‐)vorstellung von Forschungsprojekten usw.) und bitten um Einreichung bis zum 20.08.2017 bei Duygu Aloglu (duygualoglu@gmail.com).
In English:
The topic of our next issue of Feministische Geo-RundMail Nr. 73 (September 2017) is “Migration”. We welcome any contributions (such as short essay, essay, review, commentary, (short) presentation of research projects, etc.) and kindly ask for your submission until 20th August 2017 to Duygu Aloglu (duygualoglu@gmail.com).
Possible topics may include, but are not limited to the following:
- Gender and mobility
- Gender and migration
- Feminism and migration
- Reproduction / Care work
- Identity in diaspora
- Asylum and refugee
- Gendered society in diaspora
- Economic outcomes for migrant female workers
- Migrants* and the idea of belonging
- Migrants* and citizenship
- Queer migration and mobility
- Queer spaces and identity in diaspora
- Forced migration
- Migrant associations
- Human trafficking /Human smuggling
- Discrimination and Xenophobia
- Migration and inequalities
- Migration politics and legal frameworks