Der Arbeitskreis (AK) Geographie und Geschlecht hat sich auf seiner letzten Sitzung im Rahmen des Deutschen Kongresses für Geographie in Kiel am 25.10.2019 in AK Feministische Geographien umbenannt. Damit sind wir sprachlich zu unseren Wurzeln zurückgekehrt – startete das Projekt doch 1989 unter dem Namen „AK Feministische Geographie“. Die erneute Namensänderung soll die inhaltliche und personelle Öffnung, die 2005 unter dem Titel „Geschlecht“ erreicht werden sollte – es ging nicht zuletzt darum, auch Forschungen zu und von Männern*, Trans*- und Inter-Personen zu inkludieren und Theorienpluralität zu fördern –, keinesfalls zurücknehmen. Angesichts der aktuellen depolitisierenden Neoliberalisierung der Hochschulen, der immer noch sehr beständigen Geschlechterungleichheiten auch an geographischen Instituten und des Erstarkens rechter Bewegungen, die einen Anti-Genderismus propagieren, erschien uns jedoch eine explizitere politische Verortung notwendig. Hier lesen Sie etwas mehr zur Namensänderung.
Der AK ist ein Netzwerk von Geograph*innen innerhalb und außerhalb der Hochschulen, die sich inhaltlich mit den Beziehungen von Geschlecht und Raum auseinandersetzen und / oder in ihrer wissenschaftlichen bzw. praktischen Tätigkeit feministisch denken und arbeiten. Das Ziel des AK ist es, die geographische Geschlechterforschung theoretisch und methodisch weiter zu entwickeln und ihre Relevanz in Forschung und Praxis zu stärken. Dies umfasst ein inhaltlich breites Spektrum: feministische, geschlechterzentrierte, queer-theoretische, emanzipatorische oder planerische Zugänge in all ihren Facetten. Darüber hinaus sucht der Arbeitskreis aus geographischer Perspektive den Dialog mit dem interdisziplinären Feld der Geschlechterstudien. Mit der Aufgabe, Geschlechterhierarchisierungen innerhalb der geographischen Theoriebildung, der empirischen Arbeit sowie innerhalb der Institutionen geographischer Wissenschaft und Praxis sichtbar zu machen und Alternativen zu unterstützen, verfolgt das Netzwerk einen wissenschaftlichen und einen politischen Anspruch.
Startpunkt und Tätigkeiten des Arbeitskreises
Der Arbeitskreis hat eine mittlerweile dreißigjährige Geschichte. Seine Gründung geht auf ein Treffen von Geographinnen im Mai 1988 im Schweizer Jura zurück. Auch wenn die Schweizer Berge nicht gerade für progressive oder emanzipatorische Entwicklungen stehen, war und ist der Jura mit seiner Uhrmachertradition immer wieder ein Ort von – anarchistischen und anderen – Bewegungen. Die Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen war zu dieser Zeit in der Disziplin Geographie marginal. Bis Ende der 1980er Jahre gingen Impulse für feministisch-geographische Ansätze überwiegend von Studentinnen aus, die angeregt durch sozialwissenschaftliche Nachbardisziplinen an einzelnen Hochschulstandorten Arbeitskreise, Lehrveranstaltungen, Workshops und Publikationen initiierten. Das Bedürfnis nach Erfahrungsaustausch und Fachdiskussionen von feministischen Geographinnen an Hochschulen in der Schweiz, Deutschland und Österreich war entsprechend groß. Seit 1988 wird regelmäßig der „Geo-Rundbrief: Mitteilungen zu feministischer Geographie“ (seit 2000 als „GeoRundmail: Informationen Rund um feministische Geographie“ (-> GeoRundmail) als Informationsplattform zur geographischen Geschlechterforschung und feministischen Geographie von AK-Mitgliedern herausgegeben. Die GeoRundmail informiert auch laufend über aktuelle Tätigkeiten des AK.
Beim 47. Deutschen Geographentag in Saarbrücken 1989 wurde der Arbeitskreis unter dem Namen „AK Feministische Geographie“ formal gegründet und ist seitdem bei den Deutschen Kongressen für Geographie mit Arbeitskreissitzungen vertreten und initiiert Fachsitzungen zur Geschlechterforschung. Darüber hinaus dient der AK als Grundlage für zahlreiche weitere Kooperationen unter seinen Mitgliedern, die von informellen Kooperationen bis hin zu feststehenden Formaten wie den etwa jährlich stattfindenden „Vernetzungstreffen Feministische Geographie“ oder gemeinsamen Forschungsprojekten reichen.
Theoretisch-methodologische Verortung des Arbeitskreises
Der AK Feministische Geographie reflektiert regelmäßige die eigene Arbeit sowie weitere Veränderungen institutioneller Strukturen und Forschungsgegenstände. Forschungsarbeiten, die Geschlechterkategorien in der Geographie thematisieren, können mittlerweile auf ein breites Spektrum an theoretischen und methodologischen Ansätzen zu Geschlechterverhältnissen und Raumproduktionen zurückgreifen. Die Bezeichnungen „geographische Frauenforschung“, „gendersensitive Forschung“, „feministische Geographien“ tragen dem Rechnung und kennzeichnen unterschiedliche Phasen und Perspektiven der Geschlechterforschung in der Geographie. Um diesen vielfältigen Perspektiven Raum zu geben, wurde der Arbeitskreis 2005 in AK „Geographie und Geschlecht“ umbenannt und vereint Positionen der Frauenforschung, Genderforschung, feministischen Forschung und der queer studies, die die Kategorie „Geschlecht“ und deren Bedeutung für Raum und Gesellschaft auf unterschiedliche Weise betrachten. Der AK ist international und interdisziplinär vernetzt (-> Vernetzung). Die Mitglieder des AK arbeiten zu verschiedenen Schwerpunkten der Geschlechterforschung.
Kontakt zu den Sprecherinnen des AK
- Luise Klaus, Institut für Humangeographie, Goethe Universität Frankfurt am Main
- Dr. Sarah Klosterkamp, Institut für Humangeographie, Goethe Universität Frankfurt am Main
- Dr. Jenny Künkel, Institut für Soziale Arbeit und Sozialpolitik, Universität Duisburg-Essen
- Janne Martha Lentz, Institut für Geographie und Raumforschung, Karl-Franzens-Universität Graz